Wunschlos Glücklich....
….war ich überhaupt nicht, als ich gerade neu in Würzburg
war, pleite, also nicht Offenbarungseid-sieben dürre Jahre-plei-
te aber immerhin. Nach zwanzig Jahren Treue und Hingabe
das Motorrad verkauft, Klavier und Gitarrensammlung unter
Schmerzen ausgedünnt und manchmal sogar darüber gescherzt
zur Arbeit nach Bayern ziehen zu müssen oder schlimmeres.
Dass ich nicht gar so weit gehen musste und auf halbem Wege
halt machen durfte, erfüllt mich mit Dankbarkeit.
Sonne geht unter, vom alten Kranen auf den Main blickend, aus
einem Koffer in einem Pensionskeller hausend, Wohnungssuche
in Würzburg, Optimismus pur. Natürlich, suchen ob es hier ein
Klavier gibt, auf dem ich spielen darf, allein der Gedanke weckt
Hoffnung! Mein Handy führt mich zu diesem Cafe, wunschlos
glücklich? Ja gerne, ihr habt also ein Klavier?
Ein ganz besonderer Moment, keine Angst, Haltung bewahren!
‚Darf ich auf dem Klavier spielen?‘ ‚Na klar, ich mach die Musik
leiser‘ Danke Arndt, von ganzem Herzen!
Knoten im Kopf, ich spiele, ich bin wunschlos glücklich, noch vor
zehn Minuten habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht. Heisst
das dann, dass ich nicht wunschlos glücklich war, aber den
Wunsch hatte, wunschlos glücklich zu sein? Macht wunschlos
sein glücklich? Kann man sich das wünschen? Ist das nun Bud-
dhismus? Ganz ausgefuchste Werbung? Ein schwarz-weiss Kon-
trast? Ja genau, Klaviertasten, schwarz weiss, gut, bin wieder
hier.
Kontraste fallen mir ein und Perspektiven, wie kam es eigent-
lich zu meiner Misere? Eigentlich war alles super, ich habe mit
Künstlern, Aktivisten und Studenten in einem schönen, großen
Haus gewohnt, hatte einen Kamin im Zimmer, eine süße klei-
ne Katze und unser Haus war unter anderem Drehort für einen
Fernsehserie.
Das schöne große Haus mit dem Kamin im Zimmer war so kalt,
dass ich fast immer ein Feuer anhatte, wie romantisch. Die Katze
war ein Findelkind und brauchte Flasche und was Katzenmamas
sonst noch so machen müssen, Arbeitslosigkeit, gescheiterte
Selbständigkeit und überhaupt allgemeine Pleite haben uns kol-
lektiv dazu bewogen, unser Haus als Drehort zu vermieten.
Als der Regisseur, der das Drehbuch vor uns kannte, unser Haus
besichtigt hat, war sein Ausruf ‚this is fantastic‘. Jawoll, unser
Haus! Das per Drehbuch ein Junkie in eher individuellen Wohn-
verhältnissen im Badezimmer erschlagen werden sollte? Hey,
vorher hat er alles versetzt bis auf eine nagelneue Espressoma-
schine und die steht für die Drehzeit als Requisite in unserer
Küche. ‚Want a cup?‘
Oh, wie ich die Zeit vermisse und die Leute, ich wünsche mir, ja,
was denn jetzt? Nicht allein zu sein, ich frage einen der Künstler
von damals, Denis O‘Donovan, ob er mich zeichnet und weiß,
während er das tut, steht manchmal die Zeit still und er ist
wunschlos glücklich, genau wie ich am Klavier.
So ganz verstehe ich es immer noch nicht, wenn ich bei euch
am Klavier sitze und die Zeit still steht, bin ich dann vielleicht
meinen Wunsch los und deshalb glücklich? Sind Wünsche dann
vielleicht die Hürde vor dem Glück, die man irgendwie überwin-
den muss und erfüllte Wünsche zählen als gesprungene Hürde?
Danke! Dass es euch gibt, dass ich euch finden durfte, dass Ihr
mich gefunden habt und ganz besonders für die Momente, in
denen bei euch, mit euch, durch euch, für euch Wünsche in Er-
füllung gehn und euer Name wie selbstverständlich mit einem
Lächeln sagt ‚gern geschehn‘.
Unbedingt anhören:
facebook/youtube: rolf rolflor
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