Ja, das macht es doch aus!
Johannes Engels:
Auf jeden Fall. Wenn das nicht mehr wäre ...
Wir machen keine Veranstaltungen, bei denen man nur noch
funktionieren muss. Nein, nein. Ich glaube, das macht die Che-
mie auch aus.
Euer Job ... seid ihr viel am Schreibtisch? Was bedeutet z.B. das
Thema „Etat“ für euch?
Johannes Engels:
Komm jetzt mal zu uns rüber, da siehst du
uns nicht rumrödeln, da siehst du uns am Schreibtisch, Rech-
nungen schreiben, planen, verhandeln, das ist eigentlich das
Kerngeschäft, das wir betreiben. Die Veranstaltungen sind ja im
Grunde genommen Mehrarbeit, aber nicht im Sinne von zu viel,
sondern dabei geht es um das, was wir darüber hinaus noch
leisten, um Veranstaltungen durchzuziehen. Das Kerngeschäft
ist die Verwaltung und auch die Schreibtischarbeit.
Ole Kruse:
Unsere Aufgabe ist es ja, Kultur stattfinden zu las-
sen. Wir generieren sie ja nicht von uns aus, sondern wir geben
Kulturförderung, wir vermarkten das über Internet , bzw. orga-
nisieren selbst, damit die Künstlerin oder der Künstler die Rah-
menbedingungen hat, dass Kunst überhaupt geschehen kann.
Johannes Engels:
Denkt man an die Sache zwischen Pflicht und
Kür: die Pflicht muss so gut sein, dass die Kür erst ermöglicht
wird. Und so kann man das sagen. In den Pflichtaufgaben, die
wir in der Verwaltung und auch am Schreibtisch erfüllen, liegen
die Vorraussetzungen dafür, dass die Veranstaltungen gut lau-
fen. Das sind die beiden Schranken.
Ihr seid ja schon länger im Geschäft. Kultur und Kulturen – das
hat sich ja alles geändert. Würzburg ist bunter geworden. Wie
schafft ihr es, auch Menschen zu bewegen, die Kultur nicht ge-
rade in die Wiege gelegt bekommen haben? Das alles hat für
mich viel mit Respekt, mit Integration, mit Frieden schaffen zu
tun.
Johannes Engels:
Sagen wir so. Wenn wir die Möglichkeit ha-
ben, versuchen wir, wie heißt das heute so schön, niederschwel-
liger zu gehen, das heißt, wir öffnen vielleicht mal irgendwas für
eine Menschengruppe, die da nicht so einen freien Zugang hat.
Nehmen wir mal ein Beispiel: die Kulturtafel, die jetzt gerade
entstanden ist. Das soll ja auch für Leute sein, die nicht nur nicht
die Möglichkeiten im Materiellen haben, sondern die vielleicht
auch eine Schwellenangst vor der sogenannten Hochkultur ha-
ben.
In den Schulen und bei den Jugendlichen ist das schon ein ganz
wichtiges Anliegen. Bei unserer Gruppe, die wir haben, können
wir nur sagen, hoffentlich kommen da Leute, auch woanders
her, die sich vielleicht nicht für Kultur interessieren. Der Hafen-
sommer ist da ein gutes Beispiel. Denn da sind keine klassischen
Konzerte, außer der Classic Night...
Ja, zum Beispiel die Öffnung der Gastrobereiche zieht doch
Menschen an, die sonst vielleicht niemals dort hin gegangen
wären, die dann auch mal eine Karte kaufen und den Hafen-
sommer und seinen Reiz für sich entdecken.
Johannes Engels:
Haargenau! Ich weiß nicht, ob es funktioniert.
Aber wir öffnen uns da einem Publikum, es zieht Menschen an,
die sagen: naja, da schauen wir doch mal rein. Gut, dass das
geht und dass so etwas möglich ist. Und ich denke, mehr kön-
nen wir da fast gar nicht machen.
Ole Kruse:
Ich denke, wir machen da ein Stück sogar mehr!
Johnnes Engels:
Ja? Erzähl mal.
Ole Kruse:
Man sagt das immer so: „Barrierefreie“ Angebote.
Das klingt nach Abstufung.
Ich meine „barrierefrei“ mit dem Zusammenhang: für jeden zu-
gänglich, egal, welches Alter etc. Zum Beispiel das Straßenmu-
sikfestival. Für mich ist das ein alljährliches Event, bei dem ich
sage, da dient man den Menschen, der Kultur, wir kommen zu
den Menschen. Kultur findet da statt, wo wir die Leute eben er-
reichen. Und nicht nur an speziellen Orten. Junge Philharmonie
genauso. Nahezu kostenfrei.
Johannes Engels:
Stimmt. Die junge Philharmonie ist aber na-
türlich eine bestimmte Art von Menschen, die Klassik machen.
Da wird eine ganz bestimmte Art von Musik gespielt, und die-
jenigen jungen Leute, die dahin kommen, die haben auch ganz
bestimmte Vorbilder, also die sind schon beleckt, auf deutsch
gesagt. (lacht).
Kommen wir mal zur Stadt Würzburg an sich. Was macht Würz-
burg für euch aus? Jeder hat ja seine ganz eigene Verbindung
zu „seiner“ Stadt.
Ole Kruse:
ich bin 84’ nach Würzburg gekommen, da war ich
noch in der Schule.
Wo bist du geboren?
Ole Kruse:
In Schleswig Holstein. Bin dann über Kempten, All-
gäu nach Würzburg gekommen. Würzburg ist klein genug, dass
man die Leute und die Strukturen kennt und groß genug, dass
man im Grunde alles machen kann, was man will. Bis hin zur
Vernetzung Nürnberg, Frankfurt, das ganz große Format. Aber
ich sag jetzt mal, das Alleinstellungsmerkmal, das wir in hundert
Kilometern Umkreis haben, macht einfach die Kultur hier aus
und auch die Lebensart. Ich genieße es, dass man in dieser Stadt
sehr gut vernetzt sein kann, dass man die Leute sehr gut kennt,
und auch umgekehrt. Ich finde, die Reichweite dessen, was wir
mit unserem, jetzt mal beruflich gesprochen, Tun erreichen, ist
für Würzburg optimal. In größeren Städten würde diese Reich-
weite niemals stattfinden. Deshalb bin ich sehr stolz, Teil eines
Teams zu sein, das diese Reichweite erreicht, etwas bewirkt.
Johannes Engels:
Würzburg ist eine der wenigen Städte in Eu-
ropa, die am Fluß liegen und einen Burgberg haben. Edinburgh,
Prag, Salzburg, das sind ja Städte ähnlicher Größenordnung, und
das macht die Stadt schon zu einem besonderen kleinen Ort.
Außerdem ist es die Schnittstelle in Deutschland zwischen Nord
und Süd.
Ja, ich schreibe immer ... Würzburg, aus dem Herzen Deutsch-
lands.
kruse & engels
über kultur
seiten
48-49
FIVE
MAGAZIN
KULTUR STATTFINDEN
lassen
PROVINZ IST NICHT
negativ gemeint
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